So geht Übernehmen

IHK Reutlingen, Tübingen und ZollernalbFoto: HunterBliss/iStockphoto.com

Um Unternehmerin oder Unternehmer zu werden und selbstständig ein Unternehmen zu führen, gibt es viele Wege. Einer davon ist die teilweise oder ganze Übernahme eines bestehenden, erfolgreichen Unternehmens. Damit wird eine meist schwierige Zeit nach der Existenzgründung mit Markterschließung, Aufbau der Betriebsorganisation, Personalsuche, usw. verkürzt oder entfällt komplett. Da der Prozess der Unternehmensübernahme komplex und in jedem Fall unterschiedlich ist, gibt es keine Pauschallösung. Zu den häufigsten Problemen, die auch zum Scheitern des Nachfolgeprojekts führen können, gehören Finanzierungsfehler, steuerliche Fehlentscheidungen und die Unterschätzung der emotionalen und psychologischen Faktoren.

Unternehmensnachfolge

Unternehmensnachfolge

Angesichts des demographischen Wandels und der Bedeutung für Arbeitsplätze und den Standort kommt dem Thema Nachfolge eine wichtige Bedeutung zu. Rund 1.500 Betriebe stehen in der Region Neckar-Alb in den nächsten Jahren vor dem Generationenwechsel. Sowohl für den Übernehmenden als auch den Übergebenden stellt der Übergabeprozess eine Vielzahl von Fragen und Herausforderungen. Unterstützung bietet das Angebot der Gründer- und Nachfolgeregion Neckar-Alb.

Darauf sollten Sie achten:

  • Beginnen Sie frühzeitig mit der Planung der Übergabe

Nachfolgeregion Neckar-Alb

Nachfolgeregion Neckar-Alb

In der Nachfolgeregion Neckar-Alb werden Übernehmerinnen und Übernehmer auf ihrem individuellen Weg der Unternehmensnachfolge unterstützt. Das Angebot regionaler Partner umfasst Informationen, Veranstaltungen sowie vertrauliche Beratungsgespräche in allen Phasen des Übergabeprozesses.

Darauf sollten Sie achten:

  • Informieren Sie sich über regionale Unterstützungsangebote der Nachfolgeregion Neckar-Alb

Beratung durch das Moderatorenkonzept Unternehmensnachfolge in kleinen und mittleren Unternehmen

Beratung durch das Moderatorenkonzept Unternehmensnachfolge in kleinen und mittleren Unternehmen

Die IHK Reutlingen setzt das Förderprojekt "Moderation von Unternehmensnachfolgen in kleinen und mittleren Unternehmen" um, welches vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert wird. Das Moderatorinnen-Team steht Ihnen dabei als fachlich qualifizierter Ansprechpartner in allen Phasen der Unternehmensübernahme zur Verfügung.

Das Angebot umfasst:

Persönliche Beratungen

  • Vorbereitung, Planung und Begleitung der Unternehmensübernahme
  • Formen der Unternehmensübernahme
  • Basiswissen zu Verfahren der Unternehmensbewertung
  • Sensibilisierung für betriebswirtschaftliche, steuerliche, rechtliche Aspekte bei der Unternehmensnachfolge
  • Kontakte zu Experten
  • Vermittlung durch Nachfolgebörsen
  • Informationen zur Finanzierung der Nachfolge

Veranstaltungen

  • Monatliche Finanzierungssprechtage mit Vertretern der öffentlichen Förderbanken
  • Regionale Nachfolgeveranstaltungen
  • Beteiligung an bundesweiten Aktionstagen zur Unternehmensnachfolge

Schriftliche Informationen

  • Broschüren und Checklisten
  • Darüber hinaus finden Übernehmerinnen und Übernehmer auch Unterstützung im kostenpflichtigen Angebot des IHK-Bereichs Existenzgründung.

Chancen durch die Betriebsübernahme

Chancen durch die Betriebsübernahme

Die Übernahme eines bestehenden Unternehmens bietet Chancen und Risiken. Die folgende Zusammenstellung der Chancen einer Übernahmegründung soll erste

Anhaltspunkte für die eigene Entscheidung bieten.

Chancen einer Betriebsübernahme:

  • Keine oder verkürzte Anlaufphase
  • Kundenstamm vorhanden
  • Eingespieltes Mitarbeiterteam
  • Eingerichtete Betriebs- und Werkstatträume, Maschinen und Geräte vorhanden
  • Bekanntheitsgrad, guter Ruf
  • Einarbeitung und Unterstützung durch den Vorgänger

Risiken durch die Betriebsübernahme

Risiken durch die Betriebsübernahme

Die (Teil-)Übernahme eines bestehenden Unternehmens birgt neben Chancen auch Risiken. Die folgende Zusammenstellung der Risiken einer Übernahmegründung soll erste Anhaltspunkte für die eigene Entscheidung aufzeigen.

Risiken einer Betriebsübernahme:

  • Überhöhter Kaufpreis
  • Aufbau auf den bestehenden Vorgaben
  • Pflicht zur Übernahme aller Arbeitsverhältnisse
  • Personalprobleme aufgrund verkrusteter Strukturen
  • veraltete Maschinen oder Einrichtung
  • Haftungsrisiken (Steuern, Gewährleistung, Verbindlichkeiten=
  • Starke Inhaberprägung
  • Bröckelnder Kundenstamm

Verschiedene Formen der Nachfolge

Verschiedene Formen der Nachfolge

Die Form der Unternehmensübergabe muss aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen in jedem Unternehmen individuell gewählt werden.

Familienintern

  • Nachfolgerin beziehungsweise Nachfolger kommt aus der Familie. Regelmäßig findet ein Generationenwechsel statt.

Typische Problemfelder:

  • Frühzeitige und offene Kommunikation
  • Starke emotionale Komponente

Mögliche Formen:

  • vererben, verschenken, verrenten, verpachten, verkaufen

Unternehmensintern

Management-Buy-Out: Erwerb eines bestehenden Unternehmens durch eigene Führungskräfte

Typische Problemfelder:

  • Akzeptanz durch Übergeber, ehemalige Kollegen und Kunden?/ Betriebsblindheit? / Eigenständigkeit? / Finanzierung?

Unternehmensextern

  • Kauf eines Unternehmens durch strategischen Investor (meist Mitbewerber oder ein Unternehmen aus der vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungskette)
  • Kauf eines Unternehmens durch Finanzinvestor (Private Equity- oder Beteiligungsgesellschaften
  • Management-Buy-In: Externe Führungskräfte kaufen das bestehende Unternehmen

Ablauf

Ablauf

Ist die persönliche Entscheidung für eine Übernahmegründung gefallen, lässt sich die Unternehmensübernahme in typische Phasen gliedern:

  • Persönliche Lebensvorstellungen sowie Kompetenzen klären
  • Unterstützer-Netzwerk aufbauen und Ressourcen mobilisieren
  • Geeignete Betriebe finden
  • Mögliche Übernahmekandidaten sondieren
  • Favorisierte Unternehmen (1-2) prüfen
  • Übernahme-Fahrplan ausarbeiten
  • Businessplan erstellen
  • Solide Finanzierung auf die Beine stellen
  • Verträge verhandeln
  • Formalitäten erledigen und Geschäft übernehmen

Prozessdauer: regelmäßig 1-2 Jahre

Persönliche Motivation und Kompetenzen klären

  • eigenes Profil geklärt (inkl. Qualifikationen/Zulassungen)
  • eigene Motivation geklärt

Netzwerk und Ressourcen aufbauen

  • Anwälte sowie geeignete Steuer- und UnternehmensberaterInnen auswählen
  • Entscheidung: Welche Unternehmen kommen in Frage?
  • Branche aussuchen, Situation, Zukunft und Umsatzpotenzial analysieren
  • Suchprofil entwickeln, inkl. K.O.-Kriterien

Geeignete Betriebe suchen

Unterschiedliche Einrichtungen bieten Unterstützung bei der Kontaktvermittlung von ÜbernehmerInnen und UnternehmerInnen.

  • Industrie- und Handelskammern/Handwerkskammern
  • Wirtschaftsförderer
  • eigenes Netzwerk / vorhandene Kontakte
  • Steuerberater/Rechtsanwälte
  • (M&A) Unternehmensberater
  • Hausbanken
  • Inserate in Tageszeitungen/Fachzeitschriften/Branchenpublikationen, usw.
  • Unternehmensnachfolgebörsen

Mögliche Übernahmekandidaten sondieren

  • Kandidaten mit K.O.-Kriterien abgeglichen
  • Geschäftsmodell von 3-5 Kandidaten erfasst
  • Quick-Check bei allen gemacht: Stimmen Transformationsbedarf, Chemie und Preis?
  • 1-2 Top-Kandidaten ausgewählt
  • Entscheidung: Wer übersteht die Endauswahl?

Favorisierte Unternehmen (1-2) prüfen

Hierbei geht es um eine Bestandsaufnahme aller relevanten wirtschaftlichen, rechtlichen, finanziellen und steuerlichen Gegebenheiten – Due-Diligence-Prozess.

Erforderlich sind Informationen über:

  • den Aufgabegrund des Unternehmens
  • den Standort
  • den Ruf des Unternehmens
  • den Zustand der Betriebsstätten, Betriebsanlagen, des Fuhrparks
  • den Gesellschaftsvertrag und Beteiligungen
  • Produkte und Dienstleistungen (Zukunftsfähigkeit beachten!)
  • unternehmensbezogene Rechte, gewerbliche Schutzrechte, Urheberrechte, Nutzungsrechte an solchen Rechten
  • die Mitarbeiter
  • die Kunden
  • Lieferanten
  • die Kosten- und Ertragslage
  • alle vertraglichen Beziehungen des Unternehmens
  • Versicherungen

Übernahme-Fahrplan ausarbeiten

Der Übernahme-Fahrplan ist eine Absichtserklärung (LoI Letter of Intent) beider Seiten. Er sollte von ÜbernehmerIn und ÜbergeberIn gemeinsam aufgesetzt werden. Es werden Rollen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten beider Seiten im Prozess festgehalten. Alle Ergebnisse einer Nachfolge-Planung sollten schriftlich festgehalten und mit festen Terminen für die einzelnen Schritte der Übertragung versehen sein.

Was ist zu klären:

  • zeitliche Übergabe
  • Ausstieg des/der AlteigentümerIn und weitere Rolle ggf.
  • Übernahmeform (Kauf, Pacht, Schenkung o.ä.)
  • begleitende Maßnahmen der Übergabe (Einbezug von Experten, etc.)
  • noch offene Fragen klären
  •  Finanzierung des Kaufpreises und Fördermöglichkeiten prüfen

Businessplan erstellen

Das kostenlose Online-Tool Gründungswerkstatt Baden-Württemberg kann unterstützen.Das Tool finden Sie hier:

Verträge verhandeln

  • Kauf-/ Übernahmevertrag entwickeln
  • Verträge mit Testamenten abgleichen
  • Verträge unterzeichnen

Formalitäten erledigen und Geschäfts übernehmen

  • Einarbeitung und Kommunikation klären
  • Ummeldungen bei Banken, Gewerbe- und Finanzamt, IHKs/HKs, Arbeitsagentur, Berufsgenossenschaften etc. vornehmen
  • Verträge (Miete, Pacht, Leasing, Mitgliedschaften, Lizenzen, usw.), Website-Impressum, Versicherungsschutz, etc. aktualisieren

Unternehmensbewertung

Unternehmensbewertung

Den Wert eines Unternehmens zu ermitteln ist nicht einfach, da es einen objektiven Firmenwert nicht gibt. Der Übernehmer möchte einen möglichst geringen Kaufpreis festlegen, der Übergeber neigt hingegen dazu den Wert des eigenen Unternehmens zu überschätzen. Ein Unternehmen ist nur so viel Wert, wie für es bezahlt wird. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Unternehmenswert und Preis sind selten deckungsgleich. Der Kaufpreis muss für den Übernehmer nachhaltig finanzierbar sein.

Es bestehen verschiedene Berechnungsverfahren.

  • Ertragswertverfahren: Dieses Verfahren berücksichtigt die zukünftigen Gewinne des Unternehmens und einen unternehmensindividuellen Risikozinssatz. Das kostenlose Online-Tool kmu-Rechner (EMF-Institut der HWR Berlin) unterstützt bei der Ermittlung des Unternehmenswertes nach der Ertragswertmethode. Zum KMU-Rechner:
  • Discounted Cashflow Verfahren (DCF): Der zukünftige Cash-Flow wird als Basis herangezogen. Standardverfahren der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Standard des Instituts für Wirtschaft (IWD)
  • Substanzwertverfahren: Bestimmung des Unternehmenswertes an den im Unternehmen vorliegenden Vermögensgegenständen und Schulden zum Zeitwert. Stellt Wertuntergrenze bei Fortführung dar und wird nur noch in Ausnahmesituationen herangezogen
  • Liquidationsverfahren: Stellt absolute Wertuntergrenze dar und wird nur genutzt, wenn das Unternehmen keine Zukunftsfähigkeit besitzt.
  • Multiplikatorverfahren: Vergleichbare Unternehmen werden herangezogen, um das Unternehmen zu bewerten.

Recht und Steuern

Recht

Im Übergabeprozess tauchen vielfältige rechtliche Fragestellungen auf. So existieren beispielsweise bereits Verträge, die bei einer Unternehmensnachfolge meist weiter Bestand haben. Hierzu sollte eine schriftliche Bestandsaufnahme erfolgen. Ein weiterer rechtlicher Aspekt ist die Wahl der geeigneten Unternehmensform vor der Übergabe. Außerdem müssen im Übergabeprozess weitere Verträge wie der Übergabevertrag oder Absichtserklärungen gestaltet und rechtlich einwandfrei formuliert werden. Eine professionelle Beratung durch einen Anwalt ist deshalb ratsam.

Steuern

Die Art und Höhe von steuerlichen Be- und Entlastungen im Nachfolgeprozess hängt von vielen Faktoren ab, wie beispielsweise von der Form der Übertragung, der Rechtsform des zu übernehmenden Unternehmens oder persönlichen Freibeträgen. Es ist deshalb ratsam einen Steuerberater einzubeziehen.

Diese Seiten sind eine Angebot des Bündnisses Nachfolge Neckar-Alb.